August 1

Fehlurteile und Wiederaufnahme im Strafprozess

Nach Einschätzung des Richters am Bundesgerichtshof (BGH) Dr. Ralf Eschelbach sind 1/4 aller Strafurteile Fehlurteile. Deswegen stellt sich die Frage, wie kommt es zu Fehlurteilen und wie können diese in Wiederaufnahmeverfahren korrigiert werden. Während die Justiz hierzu scheinbar keinen Aufklärungsbedarf sieht und die einzige erkennbare Tendenz ist, die Fehlurteile um jeden Preis aufrecht zu erhalten, hat der Strafrechtsausschuss des DeutschenAnwaltVerein zu einem Expertengespräch geladen. (AnwBl 2014, 741 f.)

Juli 23

Sind Richter Urteils-Frisöre oder Wahrheit ade

Immer wieder berichten Strafverteidiger und auch Journalisten, sie hätten das Gefühl gehabt, im falschen Film gewesen zu sein, als sie die Urteile lasen. Umso mehr erstaunt die Hartnäckigkeit der Strafjustiz, eine vernünftige Dokumentation der Beweisaufnahme einzuführen oder zuzulassen.

Warum habt Ihr Angst vor der Wahrheit?
Juli 10

Legal Highs sind nicht illegal nach AMG

Legal Highs fallen nicht unter das Arzneimittelgesetz (AMG), so urteilte der EuGH (C‑358/13 und C‑181/14) in seiner Entscheidung vom 10.07.2014.

Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel in der durch die Richtlinie 2004/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass davon Stoffe wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht erfasst werden, deren Wirkungen sich auf eine schlichte Beeinflussung der physiologischen Funktionen beschränken, ohne dass sie geeignet wären, der menschlichen Gesundheit unmittelbar oder mittelbar zuträglich zu sein, die nur konsumiert werden, um einen Rauschzustand hervorzurufen, und die dabei gesundheitsschädlich sind.

Damit wir die unermüdliche Staatsanwaltschaft ausgebremst, die massenweise Verfahren gegen Konsumenten und Besteller von Legal Highs mit Strafbefehlen und Anklagen überzogen hat.

Juli 7

Auch wenn der Haftbefehl außer Vollzug gesetzt ist – irgendwann ist Schluss!

OLG Dresden, Beschl. v. 19.11.2013 – 2 Ws 599/13

1.) Mag die Haftverschonung vom Beschuldigten vor dem Hintergrund eines drohenden Vollzugs von Untersuchungshaft zunächst auch als Rechtswohltat empfunden werden, so ändert dies doch gleichwohl nichts daran, dass der Fortbestand des Haftbefehls vor allem auch unter Berücksichtigung der freiheitsbeschränkenden Auflagen nach wie vor mit einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der persönlichen Freiheit verbunden ist.
2.) Eine Haftsache ist deshalb auch dann wie eine Haftsache zu behandeln, wenn der Haftbefehl nicht vollzogen wird, weil er außer Vollzug gesetzt ist.
3.) Angesicht der Bedeutung und Tragweite des Freiheitsanspruchs des Angeschuldigten kann bei dem in vorliegender Sache ungewissen Hauptverhandlungsbeginn der außer Vollzug gesetzte Haftbefehl mit einer seit nunmehr einem Jahr und fünf Monaten bestehenden Meldeauflage nicht mehr aufrecht erhalten werden.
Leitsätze
Juli 5

Sind Sie ein guter Zeuge? – Nicht nur für Liebhaber britischer Krimis

Sind Sie ein guter Zeuge? – Nicht nur für Liebhaber britischer Krimis

In der Fachliteratur ist unumstritten:

Der Zeugenbeweis ist der schlechteste Beweis im Strafverfahren!

Gleichwohl scheint sich die Strafjustiz nicht daran zu stören. Die meisten Verurteilungen basieren auf den Zeugenbeweis, ofmals sogar nur von einem Zeugen. Ich habe noch nie erlebt, wie ein Gericht oder ein Staatsanwalt eine sorgfältige Beweiswürdigung nach den Anforderungen der Aussagepsychologie oder den Kriterien des Bundesgerichtshof durchgeführt hat. Vielmehr liest man immer die gleichen Textbausteine:

Der Zeuge war überzeugend, da er zumindest im Aussagekern widerspruchsfrei und ohne erkennbaren Belastungseifer ausgesagt hat. Ein Grund für eine Falschbezichtigung des Angeklagten war nicht erkennbar.

Hier liegt der Fehler; es geht nicht um den lügenden Zeugen, sondern den irrenden Zeugen. Die Menschheit ist nicht zum Zeugen geboren und hat sich in den Jahrhunderten hierzu auch nicht weiter entwickelt. Wir sind vielmahr nach wie vor „Jäger und Sammler“.

Juli 4

„Konfliktverteidigung im Strafprozess“ – Eine Kampfansage an die Verteidigung!

Rechtsanwalt Prof. Dr. Ulrich Sommer rezensiert im StV 2014, 443 das Buch „Konfliktverteidigung im Strafprozess“ von Jürgen Heinrich.

Ich persönlich habe das Buch auf Anraten mehrerer Kollegen nicht gelesen, finde aber die Rezension von Herrn Sommer beachtenswert. Buchzitate sind aus der Rezension entnommen.

Heinrich will nicht ernsthaft die Ursachen konfliktgeladener Atmosphäre in Gerichtssälen erforschen und auch keinen rechtlichen Beitrag zu deren Lösung leisten. In der Einseitigkeit der Problemaufbereitung in Kombination mit der Banalität der argumentativen Darstellung verhilft es richterlichem Lamento von den Tischen der Gerichtskantine zu literarischen Weihen. Das Buch ist keine Auseinandersetzung mit Konfliktverteidigung, sondern eine Kampfansage an Verteidigung. Das Buch soll ein Vademecum gegen jegliche Störung darstellen, die Verteidigung notwendiger Weise mit sich bringt.
Prof. Dr. Ulrich Sommer